Wenn Hüttenwirtin Gabi zwischen den beiden
Gaststuben hin und her springt, wechselt sie
jedes Mal über eine Landesgrenze.
Trotzdem schmecken die Schmankerl,
die sie ihren Gästen serviert,
gleichmäßig gut. Kaspress-
knödelsuppe, Speckbrot und Kaiserschmarrn
sind eben entspannt alpin,
ohne auf Landeszugehörigkeiten zu
achten.
Gabi Hinterbrandner und ihr Mann
Sigi sind die Hüttenwirte vom Purtschellerhaus.
Dieses sitzt auf einem
Felsvorsprung in 1692 Metern. Hinter
ihm reckt sich der mächtige Hohe Göll
gen Himmel, nach vorne öffnet sich der
Blick ins Salzburger Land. Im August
2020 steht das Purtschellerhaus dort
seit genau 120 Jahren. Seine Besonderheit:
6 BERCHTESGADENER LAND G‘SCHICHTEN
Die Staatsgrenze zwischen
Deutschland und Österreich verläuft
genau durch die Hütte.
Für Gäste ist es in erster Linie kurios,
wenn man auf dem Weg zur Toilette
die rot eingezeichnete Grenze überschreitet.
Für die Wirtsleute bedeutet
sie tatsächlichen Mehraufwand: So
wird zum Beispiel der westliche Kamin
vom deutschen Kaminkehrer gereinigt,
für die beiden Schlote im Osten ist der
Kollege aus Österreich verantwortlich.
Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
war die grenzüberschreitende
Hütte ein Zufluchtsort von besonderer
Bedeutung: Die Alliierten ließen keinen
Grenzverkehr zwischen Österreich und
Deutschland zu, das Purtschellerhaus
war einer der wenigen legalen und ungefährlichen
Treffpunkte für Familien
und Liebespaare. Man erzählt sich,
dass sich auch Schauspieler Heinz
Rühmann mit seiner österreichischen
Frau Hertha Feiler dort traf.
Wer die 520 Stufen geschafft hat,
darf sich auf beste Hüttenschmankerl
freuen.
Am schnellsten erreicht man das Haus
vom kleinen Parkplatz Nähe Ahornkaser.
Nach einem kurzen Abstieg zum
T I T E LTHEMA
Eine Berghütte,
zwei Länder