Berchtesgadener Tradition
Senner
Senner mit
Fingerspitzengefühl
Ab Ende August sind die Abende von Senner Markus Nitzinger lang.
Im Sulzbergkaser auf der Wasserfallalm bereitet er die Rückkehr ins
Tal und den farbenfrohen Kopfschmuck für sein Vieh vor.
BERCHTESGADENER LAND G‘SCHICHTEN 31
Seinen ersten Sommer verbrachte
Markus mit neunzehn Jahren auf
der Alm. „Schon als Kind war das
mein Berufswunsch“, sagt der junge
Mann aus Anger, der eigentlich gelernter
Bäcker ist. „Andere wollten zur Feuerwehr
oder zur Polizei, für mich gab es
nichts Schöneres als die geschmückten
Kühe beim Almabtrieb.“
Zwischen Mitte Mai bis Anfang Oktober
verbringt er mit zehn Milchkühen, Kalbinnen
und Kälbern etwa neun Wochen
auf der Hochalm, die restliche Zeit auf
der Niederalm. Die beiden „Sulzbergkaser“
auf der Königsberg- bzw. Wasserfallalm
gehören Familie Stangassinger
vom Obersulzberglehen in Schönau am
Königssee. Mit Bauer Franz versteht
sich Senn Markus prächtig, „er vertraut
mir und lässt mir freie Hand“.
Der Tag beginnt um fünf Uhr mit Einheizen,
Melken, Ausmisten und Milchkammerl
herrichten. Einen Teil der
Milch verarbeitet Markus selbst zu
Butter und Schüsselkäse, der Rest wird
abgeholt. Tagsüber bewirtet Markus
Wanderer, einmal in der Woche trifft er
sich abends mit den Sennerinnen und
Sennern der umliegenden Almen.
Seit dem 24. August, dem Bartholomäus
Tag, ist Markus mit dem Fertigen
von Fuikln beschäftigt. Besonders
prächtig wird das Fuiklkreuz für seine
„Glockenkuh“, die vorweg gehen wird.
Rund 20 Stunden sitzt er an dem aufwändigen
Stück. Geschickt faltet er
die filigranen Schleifen und Sterne, die
anschließend auf speziell gebundene
Fichtenspitzen gesetzt werden. Es
gibt „gezapfte“ und „gefaschte Fuikl“,
erklärt er. Die „gezapften“ werden aus
Schaberbandl – hauchdünne bunte
Holzstreifen – gemacht, die „gefaschten“
aus Seidenpapier.
Ob er sich auf die Rückkehr ins Tal
freut? „Es fällt mir sehr schwer, die Alm
zu verlassen, und mich wieder daheim
auf dem Hof einzugewöhnen“. Wenn
man ihn in der Tür seines Kasers stehen
sieht, glaubt man ihm das aufs Wort.